Pornos und Online-Glücksspiel – Wirecard hatte seine Wurzeln in den schmutzigsten Ecken des Internets. In Steueroasen und in Briefkästen dieser.
Ex-CEO Markus Braun immer wieder gezwungen, neue Ausreden zu erfinden. Auch im Prozess vor dem Landgericht München I, der seit Dezember vergangenen Jahres läuft, folgen Braun und seine Anwälte dieser Pornos und Online-Glücksspiel Begründung. Eine Schutzbehauptung!
Wirecard habe sogenannte Drittpartner in Asien beauftragt, die Zahlungen dieser Hochrisikokunden abzuwickeln, sagte Braun. Nein, und die Unternehmen sind so sehr daran interessiert, nicht in das Fahrwasser der Wirecard Geschichte hineinzugeraten, dass ganze Batterien von Anwälten darauf warten, abzumahnen.
Wir wurden im letzten Jahr auch angeschrieben, als wir einen Artikel über die zypriotischen Porno-Mogule in Verbindung zu Wirecard veröffentlichten. Das Interesse scheint groß, die Spuren zu verschleiern, zumal die Besitzer dieser Firma, Russen waren. Marsaleks Kumpanen im Monopoly des Wirecard-Skandals.
Was also hatte die Abrechnung in den Offshores von Zypern oder Gibraltar zu suchen?
So manch einer, der dem Frieden bei Wirecard nicht traute, verstand nicht, warum die Grenzen zwischen Wirecard und den Pornounternehmen fließend waren, als Gibraltar 2015 immer beliebter wurde, um die Wahrheit zu erfahren.
Braun wird diese Frage niemals beantworten.
Unsere Berichterstattung von 2020
Es ist dringend geboten, dass die BaFin Wirecard die Geschäftstätigkeit untersagt
Der ehemalige Finanzvorstand Braun wurde unter dem Verdacht der Bilanzfälschung festgenommen. Montag Abend stellte er sich den Behörden in München, nachdem er erfahren hatte, dass die Staatsanwaltschaft 1 in der bayerischen Landeshauptstadt Haftbefehl am Vormittag gegen ihn beantragt hatte.
Nun entfaltet sich nach der Herstatt Bank, 1974, einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Wenn es nicht der größte ist. Es bleiben Fragen, wie es sein konnte, dass mit einem Land wie den Philippinen finanzielle Geschäfte in dieser Größenordnung getätigt werden können, das Todesschwadronen unterhält und tausende Unschuldiger als Drogenhändler und andere getötet hat.
Diktatoren und die Mafia
Derzeit scheint der umtriebige Firmenanwalt Mark Tolentino nicht in Makati City zu sein. Der ehemalige Minister unter dem Pseudo-Herrscher Duterte mit Hang zu schnellen und reichlichen Exekutionen, war spurlos verschwunden. Duterte hatte ihn vor einigen Monaten gefeuert. Wohin oder mit wessen Geld, das ist noch nicht klar. Mittlerweile ließ er verlauten, dass er neue Kontoauszüge besorgen wollte.
Ob der zwielichtige Familienrechtler überhaupt in der Lage ist, den Verbleib des Geldes nachzuweisen, ist auch nicht klar.
In Andorras Straßen wusste man um die hochfunktionale Geldwaschgelegenheit Wirecard schon seit langer Zeit, auch in Gibraltars Gassen war man sich der bequemen Möglichkeit, jegliche Gesetze gegen Geldwäsche zu umgehen, schon seit vielen Jahren bewusst.
Da waren die Banc de Binary, ein dubioses Options-Unternehmen, das täglich steigende Gewinne versprach und Online Casinos, die als Geheimtipp zur Geldwäsche Wirecard angaben. Einige Kunden behaupteten sogar, dass sie erst durch Wirecard überhaupt zum Opfer der Machenschaften der Banc de Binary wurden.
So wurden Luftgeschäfte mit hohen Renditen, sprich der Kauf von nicht existenter Ware mit schmutzigem Geld zu einem Steckenpferd vieler Ex-Broker auf dem grauen Markt. Dreh- und Angelpunkt -Wirecard. Die EFRI erstattete im Februar 2020 wegen Geldwäsche in mehr als 700 Fällen Strafanzeige gegen die Banc de Binary im Zusammenhang mit Wirecard. Das schien eine Randnotiz dieser Tage zu sein. Von hier aus reichen Spuren bis nach Zypern.
Weißer als Kreditkarten von der Tankstelle wäscht nur Ariel
Die Gesellschafter der Wirecard Solution Ltd. sind verfangen in einem unübersichtlichen Geflecht von Firmen, Briefkästen- und Offshorelösungen, die augenscheinlich von Newcastle Upon Tyne gelenkt werden. Wie das der deutschen Aufsichtsbehörde entgehen konnte, ist ein absolutes Rätsel. Und dieses Rätsel wird noch schwieriger zu lösen sein, als die verschwundenen Milliarden zu suchen und zu finden.
So taucht unter den Direktoren der englischen Wirecard eine weitere Verbindung in die Investment-Halbwelt auf: Thomas Michael Richard Jennings, dem die Yar Ltd. Afton Manor, Freshwater, Isle Of Wight, PO40 9TW, gehört. Hinter dieser Fassade soll sich eine Beratungsgesellschaft verbergen, die am 14. Februar 2002 gegründet wurde. Ein hochherrschaftliches Haus zeigt sich unter der Adresse, das aus einem Rosamunde Pilcher Herzschmerz-Literatur-Erguss stammen könnte. Die heile Welt der Finanzierer und Berater eben.
Schon schnell wurde über einen auf Finanzrecht spezialisierten Anwalt, Jesse Douglas & Aaskells Solicitors, Raum 1 Sigma Business Center, Harrow, Middlesex, HA1 1LJ, der die Verwendung eines von ‚Wirecard Card Solutions Ltd.‘ ausgestellten Bankkontos, das von einem anderen Unternehmen namens ‚Marq Millions Ltd.’betrieben wurde, klar, dass etwas bei dem deutschen Start-up faul war. Das war 2018.
Aber wer ist Marq Millions Ltd.?
Die Tätigkeit der Wirecard Ltd. in Singapur, 2019, war mit Ansage und der großen Kunst des Fälschens und Täuschens behaftet. Die örtlichen Behörden hatten bei ihrer Untersuchung des Büros des Online-Zahlungsdienstleisters in Singapur Beweise gefunden, die auf „schwere Fälschungsdelikte und/oder gefälschte Konten“ hinwiesen. Wie geschrieben, 2019, nicht letzte Woche, als nach dem Familienrechtler mit Hang zu Diktatoren gesucht wurde. Nun beantragte Wirecard in Singapur eine Lizenz, um das Geschäft noch weiter betreiben zu können.
Briefkästen, Offshore-Firmen und Geldwaschanlagen sollen das eigentliche Kerngeschäft der Aschheimer gewesen sein. Man staunt, dass dieses Geschäft solange gut ging. Card Systems Middle East mit Sitz in Dubai war nur einer der seltsamen Geschäftspartner der Aschheimer Start-up-Freunde. Bellenhaus verweigerte 2019 noch die Identität der später wegen eines Reputationsschadens geschlossenen Al Alam Solutions FZ LLC. in Dubai preiszugeben. Die Gier der Wirecard-Leute war unerträglich. In etlichen Foren konnte man schon vor Jahren lesen, dass Geld spurlos verschwand und nie wieder auftauchte. Dies schien zum Geschäftsmodell von Wirecard zu gehören. Bei der Staatsanwaltschaft in München sah man seinerzeit keine Anhaltspunkte für Ermittlungen gegeben.