Unglaubliche Spuren
In Zeiten von Fake News wollen wir unser Journal transparenter machen.
Vorab, es sind unsere Recherchen, wir haben das Copyright an allem, was wir hier präsentieren. Es hatten zwei norwegische Journalistinnen eines Forums der BBC dagegen protestiert, weil ihnen die Verschwörungstheorien, die in diesem Fall der Isdal-Frau überall kursieren, wichtiger waren, als die Realität, die wahrscheinlich sehr viel bescheidener aussieht, als sich die Verschwörungstheoretiker das vorstellen. Wir haben die absurdesten Geschichten in Foren gelesen.
Wir können nicht nachvollziehen, warum die BBC in Belgien suchte. Die Redakteure werden ihren Grund gehabt haben, mit Kollegen der NOK für die Dokumentation in Belgien zu suchen.
Die Isdal-Frau ist eines unserer Hobbies und gewöhnlich berichten wir nur über die Erfolge, eben, wenn wir einen Schritt weitergekommen sind kommt ein neuer Artikel. Diesmal, obwohl wir nur „tote Enden“ in unserer ziemlich aufwendigen Recherche fanden. Wir standen mit tatsächlich 40 Theorien da, wer die Isdal-Frau gewesen sein könnte, die wir in den nächsten Artikeln präsentieren werden.
Wir arbeiten an dieser überaus spannenden Reportage nicht, weil wir meinen, dass der oder die Täter einer Strafe zugeführt werden müssen. Dieses zu fordern, steht nur der Justiz zu.
In Norwegen ist die Tat lange verjährt.
Wir finden, jeder Mensch hat das Recht auf einen Namen auf seinem Grabstein. Das hat etwas mit menschlicher Würde zu tun. Zudem ist das Rätsel um die Isdal- Frau einer der spannensten Kriminalfälle, die je offenbar wurden.
Diesmal wollen wir die einzelnen Arbeitsschritte aufzählen, die uns nicht weitergebracht haben. Wir sind zu dritt, manchmal zu viert, in der Sache „am Ball“.
Schon Ende 2017 begannen wir langsam, die Identität der Isdal-Frau zu recherchieren.
Später erfuhren wir aus der Isotopenanalyse aus dem Jahr 2017 und den daraus resultierenden Rückschlüssen, dass die Isdal-Frau im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Deutschland vor ihrem Tod aufhältig gewesen sein musste. Die Isotopenanalyse zeigte auf, dass sie sich in der Gegend zwischen Pirmasens und Bitche, der ehemaligen Festungsstadt, in Frankreich aufgehalten haben musste. Zumindest ergab es das Schaubild der Universität in Canbarra, die die Isotopenanalyse vornahm.
Uns wunderte allerdings, dass niemand die Isdal-Frau vermisste. Öffentlich zugängliche Vermisstendateien führten ins Nichts. Die Frau musste also aus dem Ausland gekommen sein, auch wenn sie in Nürnberg in ihrer Kindheit gelebt haben musste.
So führte uns die Spur nach Bitche in Lothringen. Wir wollten eher die Identität der Frau festmachen. Ganz in der Nähe war Pirmasens, damals, 1970, das deutsche Schuhproduktions-Mekka, wo sehr viele jugoslawische Gastarbeiter verkehrten. Das konnte stimmen, weil sicherlich eine derartige Gastarbeiterin nicht vermisst gemeldet werden konnte. Vielleicht war sie auch mit ihren Eltern nach Deutschland oder, weil es damals günstiger zum Leben war, nach Frankreich gekommen. Die Analyse verwies auch auf Serbien, so war die Möglichkeit nicht weit hergeholt.
Nach dem Hype durch die BBC Serie 2014 ließ das Interesse an dem wohl mysteriösesten Mordfall Norwegens schnell nach.
Viele Privatleute spekulieren noch, hier und da erscheint ein Artikel über die mysteriöse Frau, die in norwegisch Isdalskvinnen heißt.
Was wir eigentlich wissen, ist wenig. Was über das Maß der bekannten Fakten hinaus geht: Sicher hat sich die Frau nicht selbst angezündet. Mit einem großen Hämatom im Nacken eine recht komplizierte Aufgabe. Das ging anhand der eingenommenen Tabletten nicht mehr. Die Schlaftabletten der Marke Fenemal (Phenobarbital) stammten wahrscheinlich aus Großbritannien, da die Pharmaka zu dieser Zeit nicht in Norwegen vertrieben wurden. Es kann auch nicht sein, dass sie die Tabletten freiwillig genommen hat. Das stellte schon der damalige Ermittler in der Angelegenheit fest. Wie auch der ermittelnde Staatsanwalt Carl Halvor Aas. Der polizeiliche Ermittler wurde nach späterer Auskunft seines Sohnes massiv behindert. Obwohl er noch nicht fertig war, sollte er schon nach Tagen den Abschlussbericht verfassen. Die Ermittlungen wurden systematisch behindert, durch wen auch immer, angeblich war es in diesem Fall der militärische Geheimdienst Norwegens.
Wie auch bei den Koffern, die der militärische Nachrichtendienst schon durchsucht hatte, als die gewöhnliche Polizei noch die Spurensuche am Fundort betrieb. Oder die Geschichte mit den Stiefeln, die gleich zwei Ermittlungsbehörden, unabhängig voneinander, in das Schuhgeschäft des Vaters von Rolf Rørtvedt in Stavanger führten.
Was wusste der norwegische Nachrichtendienst über diese Frau, außer den posthumen Interpretationen? Wie die militärische Forschung in Bergen zu dem Zeitpunkt ausgespäht wurde? Das Treffen zwischen den Palästinensern in Oslo, war ein mögliches Motiv. Mögliche Mossad-Leute, die dann Ziele ausgesucht haben sollten.
Ja, und wer reist unter so vielen Falschnamen durch Europa: Claudia Tielt, Vera Jarle, Elisabeth Leenhouwer, Geneviève Lancier, Claudia Nielsen, Alexia Zarna-Merchez: Die Pässe sollen schlecht gefälscht gewesen sein. Alexia Zarna-Merchez stammte angeblich aus Ljubiliana. Damals glaubte man das in Norwegen.
Wir wandten uns der aufgefundenen Streichholzschachtel des Beate Uhse Versandes zu. Diese Verpackung gab es zu Tausenden in den Tagen, überall, auch an Bahnhöfen, in den damaligen DSG (Deutsche Schlafwagen- und Speisewagengesellschaft) Restaurants. Sie konnte die Schachtel an jedem x-beliebigen Ort auf ihrer Reise mitgenommen haben. Selbst im Zug konnte sie diese Streichhölzer noch erworben haben. Es bewies eigentlich nur, dass sie im Besitz der Schachtel war und das bewies nichts. Mit Beate Uhse Versand konnte auch, das war rein hypothetisch, die Möglichkeit bestehen, dass sie sich ein Paket von Beate Uhse an eine deutsche Adresse hatte zusenden lassen. Wir verwarfen den Gedanken, weil wir keinerlei sonstigen Bezugspunkt zu ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten. Der Beate Uhse Versand hätte auch keinerlei Aufzeichnungen mehr über eine mögliche Lieferung. Es ist einfach zu lange her und wo sollte man nach der Lieferanschrift suchen? Und auch sonst hatte die Verstorbene von Beate Uhse nichts dabei, geht man nach der Liste der Asservate, die die norwegische Polizei nach dem Fund der Koffer in dem Bahnhof, erstellte. Dazu in einem späteren Artikel mehr.
Seltsam waren einige der Asservate in dem Koffer von der Isdal-Frau schon. Wie auch ihr äußerst merkwürdiges Verhalten in dem letzten Hotel, wo sie Möbel umstellte und ein anderes Zimmer verlangte. Der systematische Cäsar-Code, mit dem sie ihre Reisen beschrieb, verwunderte, aber auch das wäre nicht allein die Aufgabe einer Agentin gewesen, die ihr anhand der vielen falschen Pässe angedichtet wurde. Auch fehlten sämtliche Etiketten in ihrem Gepäck.
Doch anhand der vielen kleinen Anhaltspunkte führte uns die Spur in das ehemalige Jugoslawien. Genauer gesagt nach Maribor. Denn Tito war kein Waisenknabe, wie man allgemein heute annimmt. Es gab Mordschwadronen, auch im Zusammenhang mit Dissidenten aus Jugoslawien in der Bundesrepublik und zahlreiche Morde. Tito sandte schon 1968 ein Mordkommando nach München, damals traf es drei Exilkroaten.
Selbst 1968 wurde über einen überaus mysteriösen Mord im Jugoslawien-Express berichtet, der wahrscheinlich auch zu den Taten der jugoslawischen Täter gehört und nie geklärt werden konnte.
Weiter im nächsten Teil: Die Spur führt nach Maribor