Brüssel, Belgien
Wegen Korruptionsvorwürfen will die Europäische Kommission Ungarn milliardenschwere Fördermittel kürzen. Die Kommission schlug am Sonntag in Brüssel vor, 7,5 Milliarden Euro an EU-Hilfen einzufrieren. Entscheiden müssten über die Kürzung letztlich die EU-Mitgliedsländer, die Kommission will Budapest aber noch die Möglichkeit zu Reformen geben.
Budapest hatte am Samstag Reformen angekündigt, durch die das Land eine Kürzung der Mittel doch noch verhindern will. Ungarn habe mitgeteilt, „Maßnahmen zur Behebung der Situation“ bis 19. November umsetzen zu wollen, sagte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn bei einer Pressekonferenz. Seine Behörde werde die Lage „auswerten und entsprechend vorgehen“.
Die Kommission hatte im April den sogenannten Rechtsstaats-Mechanismus gegen Ungarn aktiviert. Damit können bei Verstößen gegen gemeinsame Grundwerte Zahlungen aus dem EU-Haushalt gekürzt werden.
Brüssel wirft Ungarn unter anderem Korruption, Interessenkonflikte und massive Probleme bei der öffentlichen Auftragsvergabe und der Parteienfinanzierung vor. Eine Gruppe um den rechtsnationalistischen Regierungschef Viktor Orban wird verdächtigt, sich zum Schaden des EU-Haushalts zu bereichern.
Am Samstag hatte Orbans Stabschef Gergely Gulyas angekündigt, das ungarische Parlament werde kommende Woche über mehrere Gesetzentwürfe abstimmen, die eine Kürzung noch abwenden sollen. Die entsprechenden Entwürfe würden „voraussichtlich am Montag und Freitag dem Parlament vorgelegt und im November in Kraft treten“, sagte Gulyas. Damit dürfe der Weg für ein Ende des Streits mit der Kommission frei sein, fügte er hinzu.
Mittelkürzungen können nur die EU-Staaten beschließen. Dafür ist eine qualifizierte Mehrheit nötig, also mindestens 15 EU-Staaten, die 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten. Ungarn könnte die Maßnahme also nicht per Veto verhindern. In dem Rechtsstaats-Streit hält Brüssel bereits knapp sechs Milliarden Euro für Budapest aus dem Corona-Hilfsfonds zurück.
Das Europäische Parlament hatte Ungarn am Donnerstag abgesprochen, noch eine vollwertige Demokratie zu sein. Außenminister Peter Szijjarto nannte dies eine „Beleidigung“.
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