Text und Bild: HISTORY Channel
„Ein großer Moment in meiner Tauchkarriere“ – Interview mit Jimmy Gadomski, einem der beiden Taucher, die bei HISTORY-Channel-Dreharbeiten ein Wrackteil des 1986 abgestürzten „Challenger“-Space Shuttles fanden
Im Januar 1986 explodierte das Space Shuttle „Challenger“ wenige Sekunden nach dem Start. Bei Dreharbeiten zur neuen Doku-Reihe „Mysterium Bermudadreieck“ (ab diesem Mittwoch auf The HISTORY Channel) fanden Taucher ein großes Wrackteil der Raumfähre. Einer von ihnen ist Jimmy Gadomski.
Jimmy, du bist Taucher und Spezialist für das Finden und die Bergung von Schiffswracks. Im vergangenen Jahr entdecktest du zusammen mit deinem Tauchpartner Michael Barnette während der Dreharbeiten zur HISTORY-Channel-Doku-Reihe „Mysterium Bermudadreieck“ ein Trümmerteil der 1986 abgestürzten „Challenger“-Raumfähre. Wie kam es dazu?
Michael Barnette und ich versuchen in der HISTORY-Channel-Reihe, im Bermudadreieck Schiffs- oder Flugzeugwracks zu finden und zu identifizieren. An dem Tag, an dem wir auf das Challenger-Trümmerteil stießen, haben wir also gar nicht nach der Challenger gesucht, sonderm nach dem 1945 verschollenen Martin-PBM-5-Mariner-Flugzeug, dessen Besatzung ihrerseits nach den verschwundenen Maschinen des „Flight 19“ suchte. Wir haben den ganzen Tag nach Wrackteilen der Martin Mariner Ausschau gehalten. Wir befanden uns auf dem letzten Tauchgang des Tages, und das Team war an dem Tag mit dem Tauchen eigentlich schon durch. Doch ich bin noch mal allein runtergetaucht. Die Sicht war schlecht, ich konnte kaum die Hand vor meinen Augen sehen. Ich hatte eine GoPro dabei und fand schließlich ein Objekt, dessen besondere Struktur mir auffiel. Mir war klar, dass es ein Luftfahrzeug war, aber die Konstruktion unterschied sich von anderen Flugzeugwrackteilen. Ich machte so viele Aufnahmen wie möglich. Zurück an Land haben wir sie Experten gezeigt und bei der NASA nachgefragt. Wir unternahmen dann mit dem ganzen Team einen zweiten Tauchgang. Die Sicht war nun sehr viel besser. Da war schnell klar, was es ist: ein Stück der Challenger.
War das das Highlight deiner Tauchkarriere?
Das war ein großer Moment in meiner Tauchkarriere, es war einfach unglaublich! Nicht nur für uns war das berührend, sondern auch für viele Leute, die damals den Absturz der Challenger im Fernsehen verfolgt hatten. Die Nachricht ging dann um die Welt.
Und sie machte dich über Nacht berühmt. Wie gehst du damit um?
Ich bin immer noch derselbe. Das Einzige, das sich geändert hat, ist, dass ich diese Geschichte immer wieder erzählen muss. Aber ich bin auch glücklich, diese Erfahrung zu teilen. Dabei haben wir in der Sendung von The HISTORY Channel auch nach weiteren Wracks gesucht, und es warten noch einige darauf, von uns identifiziert zu werden. Es ging also nicht einzig um die Challenger.
Wie wurdest du überhaupt zum Wracktaucher? War das immer dein Ziel?
Als ich mit dem Tauchen angefangen habe, habe ich mich schon für Schiffswracks interessiert. Gerade hier in der Gegend haben wir viele künstliche und nichtkünstliche Riffs, weswegen Schiffe dort sanken. Als meine Tauchkarriere voranschritt, wollte ich viele natürliche Wracks finden. Ich habe über die verschiedenen Schiffe oder Boote, die gesunken sind, viel gelesen, und ich habe dann versucht, so viele dieser Wracks wie möglich zu finden und zu identifizieren. Es gibt wirklich viele künstliche Riffe hier, in Northern Florida, North und South Carolina und auch auf den Bahamas. Vor allem im Bermudadreieck bin ich viel mit meinen Kollegen getaucht.
Kam dein Interesse für Schiffswracks schon in der Kindheit vor?
Nein, erst Anfang 2000 begann ich mit dem Tauchen, und erst seitdem interessierte ich mich auch für Schiffswracks. Ich hatte zuerst ganz andere Dinge um die Ohren. Erst war ich „Basic Diver“, dann avancierte ich zum „Technical Diver“. Unter technischem Tauchen werden verschiedene Formen des fortgeschrittenen Sporttauchens zusammengefasst, bei denen eine zusätzliche oder spezielle Tauchausrüstung eingesetzt wird. „Rebreathers“ (Kreislaufgeräte) erlauben längere Tauchgänge als herkömmliche Atemregler mit offenem Kreislauf. Im Kurs „Exploration Diver Level 1“ lernt man alles Notwendige, um Mischgastauchgänge mit bis zu zwei Dekogasen in Tiefen bis 60 Metern sicher abzubilden. In solchen Tiefen liegen auch erst Wracks.
Wenn man dir zuhört, klingt das alles sehr abenteuerlich. Ist das für dich selbst auch ein Abenteuer, zu tauchen und ein Wrack ausfindig zu machen?
Es ist immer ein Abenteuer. Vor allem ist es das bei den Wracks, die wir in der Sendung für The HISTORY Channel vorstellen, weil sie sehr tief liegen und nur schwer an sie heranzukommen ist. Wir wissen ja vorher nicht alles über diese Wracks und nicht immer, was uns genau erwartet.
Wie groß ist das Team, mit dem du für gewöhnlich tauchst?
Es kommt darauf an, wie tief man tauchen muss. Bei großen Tiefen brauchen wir ein Team von drei bis vier Leuten. Wir haben auch noch sogenannte „Safety Divers“. Sicherheitstauchen ist Unterwassertauchen, das etwa im Rahmen der Suche und Rettung durchgeführt wird. Aufgrund der Kompression „hängen“ wir mitunter bis zu drei Stunden an speziellen Stellen unter Wasser fest, damit wir nicht die Dekompressionskrankheit, auch „Taucherkrankheit“ genannt, erleiden. Bei der Dekompressionskrankheit bilden sich durch zu schnellen Aufstieg bei Druckabfall Gasbläschen des im Blut und Gewebe gelösten Stickstoffs. Zu den Symptomen zählen Müdigkeit und Schmerzen in den Muskeln und Gelenken. Der Dekompressionsstopp (kurz Deko-Stopp) ist dann ein absichtliches Verweilen in einer bestimmten Wassertiefe während der Dekompression. Dabei wird das im Gewebe gebundene Gas durch den verminderten Druck in geringerer Wassertiefe langsam abgeatmet, sodass danach gefahrlos bis zum nächsten Deko-Stopp oder zur Oberfläche aufgetaucht werden kann. Die „Safety Divers“ überwachen und helfen uns bei diesen Vorgängen.
Bist du unter Wasser mal in gefährliche Situationen gekommen?
Es war nicht wirklich gefährlich, sah aber für die anderen so aus. Ich war einmal für sieben Minuten vom Rest meines Team bei einem Wrack getrennt, weil ich auf der anderen Seite war. Dies zeigt auch eine unserer Doku-Episoden. Jemand unter Wasser über sieben Minuten zu suchen, ist eine lange Zeit. Als sie mich fanden, signalisierte ich ihnen: „Mir geht’s gut, Jungs! Wir haben sieben Minuten verschwendet. Jetzt muss es weitergehen!“
Hast du niemals Angst unter Wasser?
Nicht wirklich. Manchmal tauchen Haie auf, die einen umkreisen und fressen wollen. Die müssen natürlich verscheucht werden.
Was bedeutet dir die Kooperation mit dem HISTORY Channel bezüglich der Doku-Reihe über die Geheimnisse des Bermudadreiecks?
Das war und ist für mich nach wie vor aufregend, handelt es sich doch um meine allererste Erfahrung mit Film und Fernsehen. The HISTORY Channel ist wie uns daran gelegen, die Geheimnisse des Bermudadreiecks zu lüften. Wir wollen zusammen die Geschichtsbücher umschreiben!
Wie wichtig ist dir Geschichte selbst?
Geschichtsbewusstsein ist mir sehr wichtig und die Identifizierung von Wracks sowieso. Wenn wir das nicht tun, weiß keiner, was aus ihnen geworden ist.
Um das Bermudadreieck ranken sich ja einige Mythen…
Für mich gibt es ganz rationale Erklärungen, die wir herausfinden und bestätigen müssen. Ich bin sicher, in dem Gebiet des Bermudadreiecks mit seinen plötzlichen Wetterumschwüngen kann leicht vieles schief gehen. Sehr schnell kann es zu Stürmen kommen, die Flugzeuge abstürzen oder Schiffe untergehen lassen. Ich habe auch die Bücher von Charles Berlitz gelesen und fand sie spannend. Aber das alles hat für mich eine rationale Geschichte, und wir müssen versuchen, diese zu beweisen.
Interview: Marc Hairapetian; Veröffentlichung honorarfrei