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Flora und Fauna

Die Ratten und der Mensch

Titelbild: Beispielbild Pixabay

Ratten sind in Europas Städten seit Jahrhunderten ein dauernder Besucher, und ihre Präsenz scheint in jüngerer Zeit wieder an Bedeutung zu gewinnen. Besonders die Wanderratte (Rattus norvegicus), die heute die dominierende Rattenart in Europa ist, hat sich perfekt an das urbane Leben angepasst. Ihre Ausbreitung und das Zusammenleben mit Menschen werfen Fragen auf. Warum nehmen Rattenpopulationen in Städten zu? Welche Rolle spielen Mensch und Umwelt dabei? Und wie hat sich ihre Geschichte in Europa entwickelt? Die Geschichte der Ratten in Europa ist eng mit der menschlichen Entwicklung verknüpft. Die Hausratte (Rattus rattus), auch Schiffsratte genannt, war die erste Art, die Europa besiedelte. Sie kam vermutlich während der Römerzeit, vor etwa 2.000 Jahren, mit Handelsgütern aus dem Mittelmeerraum in den Norden. Archäologische Funde und genetische Studien zeigen, dass sie sich mit dem römischen Handel ausbreitete und in den wachsenden Städten ansiedelte. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches verschwand sie vielerorts wieder – wahrscheinlich durch den Rückgang des Handels, klimatische Veränderungen und Ereignisse wie die Justinianische Pest im 6. Jahrhundert.

Im Mittelalter erlebte die Hausratte ein Comeback, als Städte und Fernhandel wieder aufblühten. Ab dem 13. Jahrhundert tauchten erneut größere Populationen auf, genetisch unterschiedlich zu ihren römischen Vorgängern, was auf eine zweite Einwanderungswelle hindeutet. Diese Ratten wurden oft mit der Übertragung des Schwarzen Todes in Verbindung gebracht, obwohl der Rattenfloh (Xenopsylla cheopis) als Hauptüberträger gilt. Bis zum 18. Jahrhundert war die Hausratte in Europa weit verbreitet – dann jedoch wurde sie von der Wanderratte verdrängt.Die Wanderratte, ursprünglich aus Nordostasien stammend, erreichte Europa vermutlich im 10. oder 11. Jahrhundert, möglicherweise über Handelsrouten durch Russland oder Norwegen (daher ihr Name „norvegicus“). Ihre weltweite Verbreitung begann jedoch erst im 18. Jahrhundert mit dem Aufkommen des globalen Schiffsverkehrs.

Sie ist größer, robuster und anpassungsfähiger als die Hausratte, was ihr half, diese in den meisten Regionen Europas zu verdrängen. Heute ist die Hausratte in Deutschland vom Aussterben bedroht, während die Wanderratte in Städten allgegenwärtig ist.

Ratten gedeihen in urbanen Umgebungen aus mehreren Gründen. Essensreste in Mülltonnen, heruntergespülte Speisereste in der Kanalisation und achtlos weggeworfenes Vogelfutter locken sie an. Die Kanalisation dient dabei nicht nur als Nahrungsquelle, sondern auch als „Autobahn“ für ihre Bewegung – ein geschützter Raum ohne natürliche Feinde wie Katzen oder Raubvögel. Zweitens fehlen in Städten oft natürliche Fressfeinde, die ihre Population in der Wildnis regulieren würden. Drittens sind Ratten extrem anpassungsfähig: Sie klettern, schwimmen, graben und nutzen ihre Intelligenz, um sich in fast jeder Umgebung zurechtzufinden.

Die Wanderratte bevorzugt feuchte, bodennahe Orte wie Keller, Kanäle oder Gewässerränder, während die Hausratte trockene, höher gelegene Plätze wie Dachböden sucht. In Städten finden beide Arten ideale Bedingungen, wobei die Wanderratte durch ihre Aggressivität und Vielseitigkeit dominiert. Schätzungen zufolge gibt es in manchen Großstädten wie Berlin oder Paris ebenso viele Ratten wie Einwohner – in Berlin etwa 3 bis 4 Millionen, in Paris sogar bis zu 6 Millionen. Diese Zahlen sind jedoch spekulativ, da genaue Zählungen kaum möglich sind.In den letzten Jahren berichten viele europäische Städte von einem Anstieg der Rattenpopulationen. Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Der Klimawandel spielt eine Rolle: Mildere Winter verlängern die Fortpflanzungszeit der Ratten, die normalerweise im Winter eingeschränkt ist. Ein Rattenweibchen kann bis zu sechs Mal im Jahr etwa 8 Junge werfen, die nach zwei Monaten selbst geschlechtsreif sind – ein exponentielles Wachstumspotenzial. Urbanisierung verstärkt das Problem: Mehr Baustellen bieten Unterschlupf, und wachsende Bevölkerungen produzieren mehr Müll. Studien zeigen, dass Städte mit geringerer Vegetationsdichte und höherem Müllaufkommen besonders betroffen sind.

Ein weiterer Faktor ist die Einschränkung von Schädlingsbekämpfungsmethoden. In der EU wurden bestimmte Antikoagulantien (Giftstoffe, die die Blutgerinnung hemmen) eingeschränkt, um andere Tiere zu schützen. Schädlingsbekämpfer beklagen, dass dies ihre Arbeit erschwert, da Ratten durch das reichliche Nahrungsangebot wählerischer geworden sind und Köder oft ignorieren. In Paris etwa wurde vor den Olympischen Spielen 2024 von einer „Rattenplage“ gesprochen, mit katzengroßen Exemplaren, die tagsüber gesichtet wurden – ein Zeichen dafür, dass die Population die Scheu vor Menschen verliert.Ratten sind nicht nur ein ästhetisches Problem. Sie übertragen Krankheiten wie Leptospirose, Hantaviren und historisch die Pest (heute in Europa selten). Diese Erreger gelangen über Kot, Urin oder Bisse in den menschlichen Körper, etwa wenn Haustiere kontaminierten Kot fressen oder Menschen mit verunreinigten Lebensmitteln in Kontakt kommen. Zudem verursachen sie Schäden.

Sie nagen an Kabeln, Rohren und Gebäudestrukturen, was zu Stromausfällen oder Überschwemmungen führen kann.In Städten wie Berlin, wo die Zahl der Rattenbekämpfungen von 7.100 im Jahr 2011 auf über 12.000 im Jahr 2016 stieg, oder in Bayreuth, wo man von 140.000 Ratten ausgeht (zwei pro Einwohner), wird das Problem sichtbarer.

Spielplätze werden gesperrt, Anwohner beschweren sich über Gestank und Ekel. Die Lage sei beherrschbar, auch wenn der Aufwand steigt. Städte versuchen, die Rattenpopulationen zu kontrollieren, etwa durch den Einsatz von Giftködern mit verzögerter Wirkung, damit die intelligenten Tiere keine Verbindung zum Tod ihrer Artgenossen herstellen. Doch Tierschützer kritisieren diese Methode als qualvoll. Alternativen wie rattenresistente Mülltonnen, bessere Abfallentsorgung und Aufklärung der Bevölkerung („Don’t feed rats“) gewinnen an Bedeutung. In New Orleans etwa hat man die Bürger aktiv in die Überwachung einbezogen, mit Erfolg.Ratten haben Europas Städte nicht erst heute „erobert“ – sie sind seit Jahrhunderten Kulturfolger des Menschen. Ihre aktuelle Präsenz ist das historischer Migrationen, moderner Lebensbedingungen und menschlichen Verhaltens. Die Wanderratte nutzt die Schwächen unserer urbanen Systeme aus. Eine nachhaltige Lösung erfordert nicht nur Bekämpfung, sondern auch Prävention – weniger Müll, bessere Infrastruktur und ein Bewusstsein dafür, dass wir selbst es sind, die den Ratten die Türen öffnen.

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