Der mysteriöseste Mordfall Europas nach dem 2. Weltkrieg
Der Weg der Isdal-Frau über Waldfischbach-Burgalben nach Bitche/Lothringen
Die lange und von uns ausführlich thematisierte Vorgeschichte findet man hier.
Noch immer liegt das Schicksal und vor allen Dingen der Weg der Isdal-Frau, die im November 1970 in dem norwegischen Eistal unter mysteriösesten Umstanden aufgefunden wurde, im Dunklen.
Aber das ewige Rätsel scheint sich zu lichten.
In diesem Beitrag wollen wir den Inhalt der Koffer der schönen Unbekannten ein wenig mehr beleuchten, er spricht Bände über den Reiseweg und die Tätigkeit der Frau.
Es gab eine Vorgeschichte, die die Isdal-Frau, die in Nürnberg geboren wurde, durch die Umstände der Zeit, den 2. Weltkrieg, begleitete.
Die von den Nazis als sogenannte Kinderlandverschickung praktizierte Evakuierung der jugendlichen Zivilbevölkerung am Ende des Krieges führte die Isdal-Frau in die deutsch-französische Grenzregion um die damalige Schuhstadt Pirmasens. Nach Waldfischbach-Burgalben, einem kleinen Ort in der Pfalz. Damals ein eher verschlafenes Nest. Dort kamen Kinder und Jugendliche aus Nürnberg zuhauf hin.
Auch sie, die wahrscheinlich um 1930 geboren wurde, fiel in die Kinderlandverschickung der letzten Tage des untergehenden Deutschen Reiches. Die Kinderlandverschickung war ein Instrument der Nationalsozialisten, um Kinder und Jugendliche, die die Nazis nicht für den „bewaffneten Widerstand“ missbrauchen konnten, aus den von den Alliierten bombardierten Städten heraus-evakuieren. Das geschah nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern weil die Nazis so in der Lage waren, die alleinerziehenden Mütter in die Rüstungsindustrie zu holen. Die Kinder wurden zu Nazis erzogen, die in regelrechten Lagern lebten und einem abstoßenden militärischen Drill unterzogen wurden, der ihren gesamten Alltag bestimmte.
Von Bundesarchiv, Bild 146-1983-056-13 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link
Das ist die Vorgeschichte, die sich auch aus der an der Universität in Canberra vorgenommenen Isotopenanalyse ergab.
Allerdings ist die Kinderlandverschickung vollkommen nebensächlich für die späteren Ereignisse, jedoch helfen diese geschichtlichen Zusammenhänge, die Identität der schönen Unbekannten zu enthüllen. Nach dem Vormarsch der Alliierten im Jahr 1944 auf die deutsche Südwestgrenze konnten die Kinder, die in der Verschickung waren, kaum noch, mangels funktionierender Infrastruktur, zu ihren Eltern zurückgesandt werden. Daher wurden die Kinder zunächst in Richtung Bitche „ausgelagert“ und dann in Familien in der Umgebung übergeben, als die Front immer näher kam. Soweit war auch schon die norwegische Journalistin Marit Higraff, als sie versuchte, in den Unterlagen der KLV 2018 „zu graben“. Viele der Unterlagen sind spurlos am Ende des Krieges verlorengegangen oder liegen in Stollen in der Pfalz und in Lothringen, die man bisher noch nicht öffnete oder die man schlicht nicht kennt.
Die Spur der Koffer
Dabei hilfreich sind auch die Gegenstände, die sie in den Koffern bei sich hatte. Eine Auflistung von diesen wurde durch die Kripos in Bergen während der Untersuchung veröffentlicht. Aus den Koffern geht durchaus ein geregeltes Leben auf Reisen hervor. Seltsam ist allerdings, dass sich das Geld in Briefumschlägen befand, als wäre ihr das Geld von jemandem Dritten übergeben worden.
Um zu verstehen, dass niemand wirklich Interesse an der Identität und der wirklichen Aufgabe der Isdal-Frau in Norwegen hatte, muss man nur die Artikel der damaligen Tage lesen. In der Bergen Tidendes schrieb der leitende Redakteur eine ganz andere Geschichte, als die, die dann später der Welt erzählt wurde. Teile des Reisegepäcks, das die Isdal-Frau dabei hatte, fehlten. Alles war sorgsam durchsucht worden, bevor die Polizei die Koffer am Bahnhof sicherstellte. Hotelangestellte erinnerten sich an eine eigenartige Marotte der Unbekannten, die nämlich immer zwei Zitronenhälften quetschte. Sie wurde von zahlreichen damaligen Zeugen als Künstlerin gesehen. Das war nur eine der zahllosen Eigenarten der Frau mit dem hübschen Gesicht.
Die Gegenstände aus den Koffern der Isdal-Frau
Es ist recht offensichtlich, dass jemand vor dem Auffinden der Koffer der sogenannten Isdal-Frau durch die Polizei diese durchsucht und zahlreiche Manipulationen vorgenommen hatte. Wie Etiketten abschneiden etc. Dass dieses durch Dritte geschah, und nicht durch die Israel-Frau selbst, wird klar, wenn man sich den Inhalt der Koffer wie sie die Polizei in Bergen in dem Schließfach auffand, ansieht. Hans Thue, einer der Ermittler in dem Fall schrieb am 6.12.1970 in das Protokoll mit der Bezeichnung 4968 A. 1970 (Aktenblatt XI-13) (Likfunn i Isdalen 29.11.70), wie die Isdal-Frau mit ihren Koffern und dem Inhalt umgegangen war. Zum gleichen Zeitpunkt entstand das Gerücht, dass sie Belgierin oder Französin gewesen sei. Jedoch Anfang Dezember 1970, als die Ermittlungen der Mordkommission noch in vollem Gang waren und nur ein vorläufiges Obduktionsergebnis vorlag, meldete sich ein nie wieder erwähnter Zeuge, der behauptete, dass die Isdal-Frau mit jemandem in Bergen zusammenlebte und mit einem Mann zusammen auf dem Schiff der Hurtigruten gereist sei.
Der damalige Chefermittler Oskar Hordnes legte sich zügig auf die Spionagetheorie fest. Einen Beweis gab es dafür nicht, da die Spuren und auch die Beobachtungen, die Zeugen statt der Polizei der Zeitung mitteilten, kaum ausgewertet wurden. Diese dienten letztlich nur zur Steigerung der täglichen Auflage, was aus der Sicht der Zeitungsmacher von damals durchaus verständlich ist. Das schafften sie mit immer neuen Informationen, die sich nicht in der Akte anfinden, über Wochen.
By <a href=“//commons.wikimedia.org/wiki/User:Bjoertvedt“ title=“User:Bjoertvedt“>Bjoertvedt</a> – <span class=“int-own-work“ lang=“en“>Own work</span>, CC BY-SA 3.0, Link
Das ehemalige Hotel Viking in Oslo, wo die Unbekannte auch Aufenthalt nahm.
Es wurde die ganze Zeit darüber gerätselt, ob die Isdal-Frau eine Spionin war. Damals waren Bilder wichtig, aber es wurden weder eine Kamera noch ein Filmapparat, noch Filme in den Habseligkeiten der Unbekannten gefunden. Nun kann man nicht feststellen, ob vielleicht in den zahllosen Tuben oder in dem Töpferton Mikrofilme waren, die sie an irgendjemanden übergeben hatte. Natürlich kann sie die Mikrofilme in kleinen Containern an die beiden Unbekannten übergeben haben, aber da fängt die Spekulation an.
Nicht ganz klar war, warum die Isdal-Frau in ihrem Gepäck ein Skalpell der Tuttlinger Firma Aesculap mit sich herumtrug, dazu 5 Klingen. Diese Gegenstände hatte sie wahrscheinlich in Deutschland erworben. Auf dem Weg nach Norwegen. Die Preisschilder waren, wie auch andere Etiketten von Gegenständen aus dem Besitz der Isdal-Frau entfernt worden. Es war schon sehr ungewöhnlich, auch in dieser Zeit, mit einem Skalpell kreuz und quer durch Europa zu reisen. Doch hat dieses Skalpell einen Grund gehabt: Die Isdal-Frau brauchte die Gegenstände für Kunstwerke, nämlich um Bilder aus Rahmen zu schneiden, etc.
Ihre Schuhe der Marke Nicol Shoes, Nicolbaby, Roma – Via Barberini 30, werfen noch mehr Fragen auf und lassen den Schluss zu, dass die Isdal-Frau in Rom gewesen war. Warum kann nur vermutet werden. Doch wurden die Schuhe damals exklusiv über das Geschäft dort vertrieben. Einem Geschäft ganz in der Nähe zahlloser Galerien, wie dem Palazzo Barberini, die sich, niemand wundert sich über den Zusammenhang, mit alten Töpferwaren befassten. Mehrfach hatte sie unter ihrem Alias-Namen auch den Beruf der Verziererin, den man aus der Porzellanindustrie kennt, angegeben.
Es war schick im Versandhandel von Beate Uhse einzukaufen. Jeder Kunde bekam ein Werbepräsent dazu und das war eben das Streichholzschächtelchen. Das berühmte Streichholzschächtelchen.
Das Deutschland der 1970er-Jahre und dabei soll man nicht vergessen, dass Anfang 1971 noch zahllose Trümmergrundstücke In Deutschland existierten, die noch aus dem Zweiten Weltkrieg herrührten, der damals schon 26 Jahre vorbei war. Es war die Zeit der deutschen Trennung. Eine Mauer durchzog das Land mit Stacheldraht und Minen, um die Flucht aus dem Osten zu verhindern. Die Isdal-Frau war ein Geschöpf ihrer Zeit und wäre in der heutigen Gesellschaft überhaupt nicht mehr möglich. Der real existierende Sozialismus der Deutschen Demokratischen Republik war damals schon gescheitert. Nur Ost-Berlin war nicht in der Lage, den Kommunismus als Experiment statt Himmel auf Erden abzutun und die Bundesrepublik Deutschland, die in der Marktwirtschaft verankert war, um Hilfe zu bitten, die die DDR sicherlich von der Bundesrepublik Deutschland erhalten hätte. Es war die Tauzeit zwischen beiden deutschen Staaten und Willy Brandt war im März 1970 nach Erfurt gereist.
(Weiter im 2. und 3. Teil)