Es war der Mord an Horst Strohe, in der Nacht gegen 1 Uhr zum 13. September 1992, der damals wie heute eine ganze Stadt erschreckte. Die Brutalität des Verbrechens an dem offen mit seiner Homosexualität lebenden Opfers ist unerreicht. Zahlreiche Zeugen sahen, wie er auf einem Platz unweit von weißen Bänken unterhalb der OVB Geschäftsstelle an der Straße „Am Malzbüchel“, in der Verbindung neben dem Heumarkt, der damals 54-jährige Mann mit Tritten in den Brustkorb und gegen den Kopf regelrecht hingerichtet wurde.
Die damaligen Ermittler schlossen nicht aus, dass mögliche Zeugen 1992 unerkannt bleiben wollten – aus Sorge darum, dass Details ihrer sexuellen Neigung bekannt werden könnten. Die heutigen Ermittler vergessen dabei, dass die Opfer von der Polizei genauso schlecht behandelt wurden, wie von Teilen der Gesellschaft.
Die Brutalität des Verbrechens war beispiellos und zeigte auf, wie Homosexuelle noch in den 1990er Jahren systematisch zum Freiwild von Teilen der Gesellschaft gemacht wurden.
Was war geschehen?
Das fragten auch die Ermittler in Aktenzeichen XY am 13. Oktober 2021, als sie den Fall des auf dem Heumarkt totgetretenen Horst Strohe in der Sendung vorstellten.
Bis heute ist noch nicht klar, ob Strohe Opfer einer zufälligen Gewalttat wurde oder schon vorher den Täter kannte.
In dieser Zeit war es in den Kreisen um den Heumarkt und Alter Markt in Köln bekannt, dass sich dort Homosexuelle offen in Kneipen bewegten. Zudem war bekannt, seit 1991, wie Zeitzeugen berichteten, dass sich ausländische Jugendliche in dem Bereich bis zur Geschäftsstelle der OVB und dem damaligen Schnellimbiss Mc Iwan an der KVB-Straßenbahnlinie-Haltestelle Heumarkt in Richtung Deutz sammelten, um vor den besagten Lokalitäten „Homosexuelle klatschen“ zu gehen. Das galt, nach Zeitzeugen, auch für das Transvestiten-Theater Timp, wo das spätere Opfer dran vorbeigehen musste.
Dort befanden sich auch die Orte, wo die Homosexuellen ihre Partner suchten, für One Night-Stands trafen. Das Gebiet dehnte sich in Richtung Severinsbrücke an den Rhein aus. Es war bekannt, dass Strohe in homosexuellen Kreisen zwischen Heumarkt und Severinsbrücke verkehrte, die in den Jahren als „Lederszene“ bezeichnet wurde.
Dabei war es schon üblich, dass mehrere Jugendliche über die Opfer herfielen und eine Art Schutzgeld verlangten oder einfach zuschlugen. Man war damals vorsichtig, wenn man in der Nacht aus einer der Bars herauskam. Das berichten Zeugen aus der Zeit. So soll es 1993 zu einem Vorfall vor einem ehemaligen Fischgeschäft/Imbiss am vorher erklärten Heumarkt gekommen sein.
Strohe ging an die Bushaltestelle in Richtung Heumarkt und wurde auf dem Weg von seinem späteren Mörder attackiert und mit mehreren Tritten gegen den Kopf ermordet. Dies geschah in unmittelbarer Nähe zu dem hell erleuchteten Hotel Maritim an der Kopfseite des Heumarkts zum Rhein hin. Auch die Straßenbahnlinie verlief in der Nähe des Ortes, an dem Strohe, der als Computertechniker und Programmierer bei einer Versicherung arbeitete und in der „Schwarzen-Lederszene“ bei vielen bekannt war und geschätzt wurde, ermordet wurde.
Gerade in der dem Heumarkt angrenzenden Hühnergasse, dort wo die Bar „Caroussel“ war, konnte man hören, wie Homosexuelle oft bedrängt und bedroht wurden. Da wurde auch schon mal zugeschlagen. Oder „Pustis“ gerufen (griechisch für Schwuchtel), gespuckt etc..
Der Täter wird von der sachbearbeitenden Cold Case Einheit unter Kommissar Weber so beschrieben: damals etwa 20 Jahre alt, ungefähr 1,80 Meter groß, schlank und sportlich. Er soll ein weißes Hemd mit Schlangenmuster getragen haben. Er könnte in ostasiatischen Kampftechniken ausgebildet gewesen sein. Möglicherweise war er mit weiteren Männern unterwegs, die als Zeugen gesucht werden.
Auch suchen die Ermittler nach zwei Zeugen aus dem persönlichen Umfeld des Verstorbenen, die sich kurz nach der Tat am Heumarkt aufgehalten haben, so die Polizei in Köln.
Erster Kriminalhauptkommissar Markus Weber wird den Fall in der Sendung vorstellen. Zeugenhinweise nimmt die Polizei Köln unter der Telefonnummer 0221 229-0 oder per E-Mail an poststelle.koeln@polizei.nrw.de entgegen.