Peking, China
Taipeh, Taiwan
Titelbild: SAM YEH AFP
Ein US-Militärflugzeug mit der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi an Bord bereitet sich auf die Landung auf dem Songshan-Flughafen in Taipeh am 2. August 2022 vor. Pelosi landete am 2. August abends in Taiwan und trotzte damit tagelangen, immer schärferen Warnungen Chinas, die die Spannungen zwischen den beiden Supermächten der Welt in die Höhe schnellen ließen. (Foto: Sam Yeh / AFP)
China hat seine angekündigten Militärmanöver nahe Taiwan begonnen. Sechs Gebiete rund um die Insel seien für die „Kampfübung“ ausgewählt worden, „relevante Schiffe und Flugzeuge“ sollten die davon betroffenen Gewässer und den entsprechenden Flugraum meiden, vermeldete der staatliche Fernsehsender CCTV am Donnerstag. Die Manöver in den Gewässern um Taiwan sollen demnach bis Sonntagmittag laufen.
Staatlichen Medien zufolge wird bei den um 12.00 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MESZ) begonnenen Manöver „scharf geschossen“. Die Militärübungen sollen bis zu 20 Kilometer vor der Küste Taiwans stattfinden. Die staatliche chinesische Zeitung „Global Times“ schrieb unter Berufung auf Militäranalysten, die Manöver seien „beispiellos“. Erstmals würden Raketen über Taiwan fliegen.
China reagiert mit den Manövern auf einen Taiwan-Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi am Dienstag und Mittwoch. Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses war die ranghöchste US-Vertreterin seit 25 Jahren, die Taiwan einen Besuch abstattete. Pelosi hatte erklärt, ihre Anwesenheit mache „unmissverständlich klar“, dass die USA einen demokratischen Verbündeten wie Taiwan nicht alleine ließen.
Die Regierung in Peking, die Taiwan als Teil des chinesischen Territoriums ansieht, hatte erbost auf den Besuch reagiert und massive Militärmanöver angekündigt.
Der Nachrichtenagentur AFP gegenüber hieß es aus chinesischen Militärkreisen, die Manöver würden als „Vorbereitungen auf einen tatsächlichen Kampf“ geführt. Sollten taiwanesische Kräfte „vorsätzlich in Kontakt mit dem chinesischen Militär kommen“ und „versehentlich eine Waffe abfeuern“, würden Pekings Streitkräfte „strenge Gegenmaßnahmen ergreifen“, die taiwanesische Seite würde in diesem Fall „alle Konsequenzen tragen“.
Taiwans Verteidigungsministerium erklärte umgehend, die Lage genau zu beobachten. Die Streitkräfte des Inselstaates würden gemäß dem Prinzip handeln, sich „auf einen Krieg vorzubereiten, ohne einen Krieg zu wollen“. Es werde auch keine „Eskalation des Konflikts“ gesucht. Taiwan bezeichnete die Manöver als „irrationalen Schritt“ – mit dem Ziel, „die internationale Ordnung in Frage zu stellen“.
Taiwans See- und Hafenbehörde hatte bereits am Mittwoch Schiffe davor gewarnt, in die Gebiete einzufahren, in denen die Manöver Chinas stattfinden. Taipeh zufolge unterbrechen die Militärübungen Pekings 18 internationale Handelsrouten, die durch seinen Flugraum führen.
Die Außenminister des südostasiatischen Staatenbündnisses Asean hatten am Donnerstag vor Beginn der Militärmanöver gewarnt, die derzeitige Situation könne zu „Fehlkalkulation, ernsthafter Konfrontation, offenen Konflikten und unvorhersehbaren Konsequenzen zwischen Großmächten führen“. Es müsse jetzt auf jede „provozierende Aktion“ verzichtet werden, erklärten die Minister bei einem Asean-Treffen in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh.
Bereits am Mittwoch hatten die G7-Staaten Chinas Reaktion auf Pelosis Besuch kritisiert. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, einen Besuch als Vorwand für aggressive Militäraktionen in der Taiwanstraße zu nutzen“, erklärten die G7-Außenminister. „Wir sind besorgt über die jüngsten und angekündigten Drohgebärden der Volksrepublik China, (…) die eine unnötige Eskalation riskieren.“
Seit der Abspaltung Taiwans von China will Peking die Insel mit dem Festland wieder vereinigen – notfalls mit militärischer Gewalt. Der Konflikt zwischen Peking und Taipeh hatte sich zuletzt unter dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping verschärft. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zudem Befürchtungen wachsen lassen, Peking könnte im Umgang mit Taiwan auf ein ähnliches Vorgehen setzen.