Als es Borgward noch gab
In den 1950er-Jahren war die Isabella TS eines der fortschrittlichsten Fahrzeuge, die die Autoschmiede von Carl Borgward in Bremen-Sebaldsbrück hervorgebracht hatte. Es waren die Tage, in denen sich die deutsche Automobilkunst neu erfand. Der Vierzylinder-Reihenmotor war sparsam, der Wagen beschleunigte damals, 1958, auf satte 135 km pro Stunde. Er leistete 60 PS bei 4.700 Umdrehungen pro Minute. Überraschenderweise wurde das damals ca. 7.265 DM (3.719 Euro) teure Auto mehr als 200.000 Mal verkauft. Er war ein Verkaufsschlager der Borgward-Werke, die einige Jahre später unter dubiosesten Umständen trotz eines Plus in der Bilanz für Konkurs erklärt wurden.
Borgward TS, eine Legende, kasaan media, 2018
Mercedes-Benz wollte einen missliebigen Konkurrenten vom Markt verdrängen. Es ranken sich noch zahllose Legenden um das Ende eines der innovativsten Autobauer-Werke der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Borgward-, Lloyd- und Goliath-GmbH (Carl F. W. Borgward G. m. b. H. Automobil- und Motoren-Werke, Stammwerk in Bremen-Sebaldsbrück) wurde im Sommer 1961 nach einem undurchsichtigen Mannöver in den Vergleich gesandt, vorab hatte es Darlehensverhandlungen mit dem Bremer Senat gegeben.
Doch schon im Herbst 1961 ging Borgward in den Konkurs. Warum das so war, darüber streiten die Geister. Der Autobauer Carl Borgward durfte Zeit seines Lebens, auf Anweisung des Senats, die Fabrik nicht mehr betreten, obwohl eine astronomische Summe von 4,5 Millionen DM nach der Befriedigung aller Gläubiger übrig geblieben war. Das Werk in Bremen-Sebaldsbrück wurde teilweise demontiert und und die Maschinenstrassen, ihrer Zeit weit voraus, nach Mexiko verkauft. Borgward wurde gar in einem Zeitungsartikel als eine Art „Bastler“ dargestellt, weil sich bei neu ausgelieferten Fahrzeugen Mängel im Getriebe und in der Dichtigkeit der Frontscheibe bei der Isabella zeigten.
Borgward TS, eine Legende, kasaan media, 2018
Für die Bremer, die damals 20.000 Beschäftigte im Borgwardwerk hatten, die dann ihre Arbeitsplätze verloren, wurde die kritische, aus heutiger Sicht wahrscheinlich gekaufte Berichterstattung zum Fiasko. Die Autos waren technisch denen der damaligen Mercedes-Benz Modelle lange überlegen und an Form und Schönheit nicht zu übertreffen. Der Konkursverwalter, Johannes Semler, den der Bremer Senat eingesetzt hatte, war seit 1960 auch im Aufsichtsrat von BMW tätig. Carl Borgward überlebte das Unrecht nicht lange, er starb 1963. Seine Fahrzeuge, wie die Isabella, blieben unerreicht und überlebten zu Tausenden ihren Produzenten um Jahrzehnte.