Jennifer Fergate, Kriminal Politi Sentralen, Oslo, Norge
Unheimlicher Sachverhalt
Am 3. Juni 1995, einem Samstag, ging gegen 19.58 Uhr ein Notruf bei der Polizei in Oslo ein.
Wer sich erinnern will, hier die Tagesschau dieses Tages.
Was zunächst wie ein Routineeinsatz aussah, entpuppte sich im Laufe der folgenden Jahre als einer der mysteriösesten Kriminalfälle Skandinaviens. Der Einsatz führte die Beamten ins damalige Nobelhotel „Oslo Plaza“ am Hauptbahnhof der norwegischen Hauptstadt.
Ein Wachmann wollte aus Zimmer 2805, im 28.Stockwerk, einen Schuss gehört haben. Angeblich hielten sich zu dem Zeitpunkt zwei Personen in dem Zimmer auf. Dieser Umstand wird für die späteren Ermittlungen wichtig. Es benutzte wohl auch jemand anderes als die in dem Zimmer aufgefundene Tote in der Nacht der Anreise, eine der Zimmerschlüsselkarten. Das geschah etwa um 0.20 Uhr am Anreisetag. Zwei Tage vor den hier geschilderten Ereignissen. Danach wurde die unter dem Namen Jennifer Fergate eingecheckte Frau nur zwei Mal gesehen. Einmal gab sie dem Zimmerservice ein fürstliches Trinkgeld, sonst hing das „Do not disturb“ Zeichen an der Tür. Jedoch muss die Unbekannte das Zimmer verlassen haben und auch das Hotel. Wann das geschah, darüber gaben die Aufzeichnungen im Plaza keine Antwort.
Die Zimmertür war von innen gesichert worden. Die Plastikschlüsselkarten lagen im Raum.
Auf dem Bett, wie im Artikel „Der mysteriöse Tod im Oslo Plaza“ beschrieben, lag die Leiche der „Jennifer Fergate“. Eine junge kultivierte Person, wie sie von Zeugen beschrieben wurde. Die Frau lag rücklinks auf dem Bett und starrte nach oben. In ihrer Stirn ein einzelnes Einschussloch. Das Zimmer war dunkel. Schnell konnte festgestellt werden, dass sie sich unter falschem Namen eingetragen hatte, mit einer nicht existenten belgischen Adresse, zusammen mit einem Begleiter, Lois Fairgate (Fergate). Nur Lois Fairgate fehlte, er war einmal gesehen worden, beim Einchecken. Er wurde etwa auf 1.85 m und damals zwischen 35-40 Jahren beschrieben.
Der Zweck des Besuches der Unbekannten, die sich auf dem Zimmer aufhielt, und die mehrfach angemahnt worden war, an die Rezeption zu kommen, war nicht klar. Sie war die Rechnung schuldig geblieben (Etwa 300 Euro). Die Unbekannte hatte das Kreditlimit überschritten. Sie hatte das Zimmer das erste Mal telfonisch am 22. Mai 1995 gebucht und am 31. Mai 1995 erneut auf ein anderes Datum verschoben. Fluglistenauswertungen aus diesen Tagen ergaben nichts hinsichtlich der unbekannten Personen.
Spuren, die in Richtung Terrorismus deuteten, an denen die Unbekannte beteiligt hätte sein können, wurden schnell verworfen. Auch schied eine mögliche Umweltaktion wegen der damals bekannten Brent Spar, die vor Norwegen von dem Ölkonzern Shell versenkt werden sollte, aus.
Es fanden in diesen Jahren unter der Vermittlung Norwegens auch die Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern statt, aus denen Oslo I und Oslo II hervorgingen. Schwer vorzustellen, dass jemand mit einem solchen gewichtigen Auftrag in einem Osloer Hotel unter den Umständen absteigt, eine karge Henkersmahlzeit zu sich nimmt und dann erschossen wird. Von wem auch immer.
Karge Henkersmahlzeit, Kriminal Politi Sentralen, Oslo, Norge
Einzig blieb die nachrichtendienstliche Beschaffung von Informationen wegen des Bosnien-Krieges. Ganze Familien hatten sich damals nach Norwegen gerettet. Es war die erste große Fluchtwelle, die noch während der Belagerung von Sarajevo angelaufen war.
Nur mit welchem Zweck war sie dann auf nicht zu ermittelnden Wegen und in mysteriöser Legende nach Oslo gereist? Die Legende war so wackelig, dass sie jederzeit hätte auffallen können.
Es gab noch zahlreiche andere Theorien, die in diesem Fall allerdings nur als Arbeitsthesen verstanden werden durften. Die Polizei in Oslo hatte einfach zu wenig Ansatzpunkte, bevor die Tote 1996 begraben wurde.
War die Plaza-Frau ein Drogenkurier? Dafür sprach nichts. Auch nicht das Gepäck. Dem Profil entsprechend, war die Unbekannte auch keine Drogenhändlerin, die Ware nach Skandinavien überbracht hatte.
War sie eine professionelle Attentäterin oder eine Auftragsmörderin? Die gesamte Situation wäre grotesk, sie war laut der späteren Analyse aus 2017, ca. im Jahr 1971 geboren worden.
Prostitution im Bereich einer international operierenden Edel-Hure schied auch aus, weil die Frau noch nicht einmal über Kosmetika verfügte. Die Handtasche, die sie beim Einchecken dabei hatte, fehlte bei der Fundortbeschau. Selbst Hose oder Rock fehlten.
Damals wurde der Tod der jungen Unbekannten schnell zu dem Archiv der „Isdal Frau“ und dem Kambomannen hinzugefügt. Ganz wohl war den Ermittlern dabei nicht, den Tod der Unbekannten als Selbstmord auszugeben. Zuviel sprach dagegen, wie die Entfernung aller Etiketten aus der Kleidung, den Schuhen, und jeglicher persönlicher Gegenstände, wie Papieren, Geldbörse, Make-up aus dem Besitz der Toten. Allerdings wäre die Tote geschminkt gewesen, berichteten die Zeitungen damals.
Auch fehlten der Frau, in deren rechter Hand eine belgische 9 mm Browning von Herstal gefunden wurde, jegliche Blut- und Schmauchspuren, die für eine solche Situation typisch gewesen wären, wenn die Frau sich selbst gerichtet hätte. Die Waffe wurde wahrscheinlich 1990 oder 1991 gefertigt. Die Waffe wurde einmal zum Zwecke des Testschusses, wahrscheinlich durch Schalldämmung mittels Kissen, abgefeuert und dann nochmals, als es zu dem tödlichen Schuss kam.
Rechte Hand, Jennifer Fergate, Kriminal Politi Sentralen, Oslo, Norge
Probeschuss, Jennifer Fergate, Kriminal Politi Sentralen, Oslo, Norge
Wie kam sie in den Besitz der Pistole und wie kam diese Pistole mit ihr nach Norwegen?
Ungeklärt ist auch, ob die Fingerabdrücke der Toten in Kontext in Deutschland gebracht wurden.
Interessant war es, dass die Waffe mit ätzender Flüssigkeit bearbeitet worden war, um die Kenntlichkeit der Serie regelrecht zu vernichten.
Seit dem 2. Weltkrieg gibt es nur etwa 15 Leichen, die in Norwegen nicht identifiziert werden konnten. Und gerade drei der Fälle scheinen irgendwie unheilvoll zusammenzuhängen.
Die Zimmertür war von innen verriegelt, die Schlüsselkarten lagen im Zimmer. Die Ermittler fanden nur Kleidung ohne Etiketten, alle Namensschilder und Anhänger an ihren Kleidern wurden entfernt, ein Herrenparfüm, (Ungaro Pour L’Homme 1 cologne) eine Reisetasche und eine Aktentasche mit 32 Schuss Munition.