Titelbild FBI, 2014
William Bradford Bishop jr. schmückte jahrelang die Fahndungsplakate des FBI und wurde weltweit gesucht, genauer gesagt seit den verhängnisvollen Tagen im März 1976. Diese sind nun 46 Jahre her und er muss das 86. Lebensjahr erreicht haben.
Doch es ist mehr hinter der Geschichte! Nicht nur, dass Bradford Bishop Scotch und Wein liebte, Erdnüsse und scharfes Essen bevorzugte, wie es aus seiner Akte bei der Bundespolizei FBI in Washington hervorging.
Im Laufe der Jahre mutierte der flüchtige Bradford Bishop zu einer Legende, ähnlich wie D.B. Cooper oder die Isdal Frau. Gar ein Song wurde über Bradford Bishop komponiert: Die Gruppe Coup de Grass aus Charlottesville, Virginia, vertonte „The Ballad of Bradford Bishop“.
Schon 2018 nahm ihn das FBI aus der Riege der zehn Meistgesuchten. Der Fall und dessen Lösung waren für das FBI, wie auch für die lokalen Behörden in Maryland, im Sand verlaufen. Noch immer gehen Hinweise in dem Büro des FBI’s in Baltimore ein.
Das Verschwinden des Tatverdächtigen ist ein absolutes Rätsel und mehrere Behörden kamen im Laufe der Jahre in Verdacht, Bradford Bishop durch Ausstellung von Legenden-Dokumenten zur Flucht verholfen zu haben. Das FBI ist in diesem Fall realistisch. „Selbst für erfahrene Reisende kann es schwierig sein, in einem fremden Land eine neue Identität aufrechtzuerhalten„, sagte Steve Vogt, der für die Abteilung in Baltimore zuständige Spezialagent. „Wenn Sie ein US-Bürger sind, ist es normalerweise einfacher, sich in diesem Land zu verstecken“, erklärte er. „Amerikaner in Übersee neigen dazu, aufzufallen.“
Zwischenzeitlich, im Oktober 2014, glaubte die Polizei sogar mit der Exhumierung der verwesten Überreste eines John Doe, eines Trampers, der 1981 vor einem Restaurant in Scottsboro, Alabama, von einem Auto getötet und anonym in einem Armengrab beigesetzt wurde, Bradford Bishop gefunden zu haben. Doch der Gentest fiel negativ aus, obwohl die beiden Männer sich ähnlich sahen.
In der Washington Post beschrieb das FBI Bradford Bishop 2014 als: „ … einen erfahrenen Weltreisenden, der fünf Sprachen fließend beherrschte – als klug, gerissen und fähig, sich in die Vereinigten Staaten oder im Ausland einzufügen und ein neues Leben aufzubauen.“
Wahrscheinlich ist, dass er in Europa lebt oder lebte. Eine andere Möglichkeit ist, dass er nach Kalifornien, wo Bradford Bishop geboren wurde in den Jahren danach zurückkehrte oder sich selbst nach der Tat richtete.
Bradford Bishop war eigentlich ein ganz normaler Typ, der ausweislich des FBI’s ein „Wanderer und Camper war und Kanufahren, Skifahren und Motorradfahren schätzte“.
Andere Quellen gehen davon aus, dass er im ehemaligen Jugoslawien während des Bürgerkrieges von 1991 bis 1995 untertauchte. Es gab jedoch auch aufgrund eines Anrufes eines anonymen Hinweisgebers die Möglichkeit, dass Bradford Bishop in ein Konsulat in New York verschleppt worden war. Dieser Anruf erfolgte jedoch erst zwei Jahre nach dem eigentlichen Geschehen.
Was war eigentlich geschehen?
Bradford Bishop war ein linguistisch hochbegabter Mensch, der von 1961 bis 1963 in der US-Armee in Deutschland gedient hatte, danach in jungen Jahren für das amerikanische Außenministerium und gerüchteweise auch für die CIA in damals so exotischen Ländern wie Botswana, in der dortigen Niederlassung in Gaborone gearbeitet hatte. Verbrieft ist, dass er für den Nachrichtendienst der Armee in Italien arbeitete. In Addis Abeba / Äthiopien hatte es 1967 ein Sicherheitsproblem mit Bradford Bishop gegeben, glaubt man der Tiefenanalyse des FBI’s.
Er hatte seit seiner Army-Zeit eine Freigabe für streng geheime Angelegenheiten. Doch teilte die CIA im Laufe des Jahres 1976 mit, dass Bradford ein zu kleiner Fisch war, als dass er hätte das Ziel von fremden Agenten werden können. Er sprach Serbokroatisch, Italienisch, Französisch, Spanisch und einige andere Sprachen, die ihm dann auf der wahrscheinlichen Flucht sehr nützlich waren.
Gesucht wird Bradford Bishop noch heute für die Morde an seiner Frau, seiner Mutter und seinen Kindern, die er wahrscheinlich im Zeitraum 1. bis 2. März 1976 im Haus am 8103 Lilly Stone Drive Carderock Springs, Bethesda, beging.
Die Opfer waren Brad, 14, Brenton, 10, und Geoffrey, 5. Bishops Mutter Lobelia, 68, und seine Frau Annette, eine Ex-Cheerleaderin.
Ungeklärt ist der genaue Zeitpunkt der Morde. Zeugen in dem anschließenden Ermittlungsverfahren äußerten, Bradford Bishops Beteiligung an geheimdienstlichen Aktivitäten detailliert zu untersuchen.
Es war auch die Geschichte des berühmten Balletttänzers Jacques d’Amboise, Schüler von George Balanchine vom New York City Ballet, der in seinen Memoiren verfasste, dass er fast in das Drama an dem Abend 1976 hineingelaufen wäre. Er war zusammen mit seiner Frau zu dem Mann eingeladen, den er seit Jahrzehnten kannte und schätzte: Bradford Bishop.
Bradford Bishop war in all den Jahren vor der Tat immer wieder in psychiatrischer Therapie wegen Depressionen. Sonst gab es nach Aussagen der ermittelnden Beamten, 1976, kein Motiv für diese gruselige Tat. Keine Hinweise auf Untreue gegenüber seiner Frau oder finanzielle oder berufliche Probleme. Wie falsch diese Aussage war, zeigte sich 2017, als Kathy Gillcrist als Tochter des Flüchtigen identifiziert wurde. Sie war ein Adoptivkind, das wusste sie, aber dass ihr leiblicher Vater ein derartig bekannter Mann war, hatte Gillcrist nicht gedacht. Seitdem beschäftigt sich das FBI auch mit den Jahren, in denen Bradford Bishop auf der Yale Universität war, von 1957-1960. Vielleicht war hier der Grund der Ereignisse des Jahres 1976 zu suchen. Zudem neigte er zu heftigen Gefühlsausbrüchen, Jähzorn und nahm starke Antidepressiva. 2014 wurde enthüllt, dass er bankrott war.
Im März 2000 kaufte Lorene Klepacki aus Asheboro, N.C., ein altes Tagebuch für 38 Dollar auf einem Flohmarkt im Greensboro Coliseum. In der Kladde stand geschrieben: „Bradford Bishop Tagebuch“. Ein Verwandter las etwas über den Fall Bradford Bishop im Internet und rief das Büro des Sheriffs von Montgomery County an. Das Tagebuch, das sechs Jahre, von Oktober 1965 bis Oktober 1971 umfasste, sprach Bände über Bradford Bishop. In dem Tagebuch tauchte eine Sonny auf, die Gegenstand vieler Überlegungen wurde, ob sie vielleicht die mysteriöse farbige Frau gewesen sein konnte, die Zeugen im Zusammenhang mit der Ablage der Leichen gesehen hatten.
Die Spur versandet
Bradford Bishop ermordete seine Familie und verbrachte sie danach im roten Chevrolet Station Wagon in die Gegend von Columbia/North Carolina, ca.450 km von dem eigentlichen Tatort in dem heimischen Maryland entfernt, und versuchte die toten Körper in einem zuvor ausgehobenen Loch anzuzünden. Dies geschah mittels Benzins und anderen Brandbeschleunigern, die Bishop noch im heimischen Montgomery County gekauft hatte.
Bestmöglich versuchte er, Spuren zu verwischen. Doch zu diesem Zeitpunkt wurde er von einem Zeugen mit einem Hund gesehen und später wahrscheinlich in Begleitung einer farbigen Frau.
Erst am 8. März 1976, mehr als eine Woche nach der vermutlichen Tat, informierte ein Nachbar, der die Familie eine Zeitlang nicht gesehen hatte, die Polizei. Einer der Beamten fand auf dem Treppenabsatz zwischen der Veranda und der Haustür Blut, menschliche Knochen, Gewebe, Fasern und Haare, danach auf dem Boden und an den Wänden der Eingangshalle, dann im ganzen Haus.
Die bereits am 2. März 1976 aufgefundenen Leichen der Familienmitglieder wurden mittels des Zahnschemas identifiziert. Die Leichen waren „übertötet“, wie sich der Gerichtsmediziner noch Jahre später erinnerte.
Der Wagen, den Bradford Bishop benutzt hatte, wurde ein paar Tage später in Gatlinburg, Tennessee, nahe der Great Smokie Mountains aufgefunden, etwa 640 km von dem Platz entfernt, an dem die Familie aufgefunden worden war.
Ein Zeuge sagte aus, dass der Wagen zwischen dem 5. und dem 7. März 1976 dort abgestellt wurde.
Danach verschwand der Mann, außer dass er in einem guten Dutzend Ländern Europas gesehen worden sein soll.
Drei Sichtungen waren besonders interessant, weil es augenscheinlich Leute waren, die ihn zuvor kannten oder wiedererkannten, wie eine Kollegin, die mit ihm auf einer Geschäftsreise in Äthiopien war.
Eine weitere Zeugin erkannte ihn in einem Park in Stockholm zweimal innerhalb einer Woche. Sie war sich absolut sicher, so gab sie dem FBI an, dass der Mann Bradford Bishop war.
Sie hatte die Polizei nicht kontaktiert, weil sie nicht wusste, dass er für Mord in den USA gesucht wurde. Das alles spielte sich im Juli 1978, also mehr als zwei Jahre nach der Tat in Maryland ab.
Im Januar 1979 wurde Bishop von einem Kollegen in einer öffentlichen Toilette in Sorrento in Italien persönlich angesprochen. Dazu muss man wissen, dass der Zeuge, ein gewisser Roy Alwin Harell jr., Bradford Bishop sehr gut kannte und noch an dem Nachmittag seines Verschwindens mit ihm geredet hatte, folgt man den FBI-Akten.
„Hi, du bist Bradford Bishop?“ und der Mann antwortete in einem bekannten amerikanischen Akzent, dass er es nicht sei und floh auf einen belebten Platz im buchstäblichen Platzregen. Er wäre ärmlich gekleidet gewesen, teilte der Zeuge mit.
Am 19. September 1994 stand Bischof ein paar Meter von einer ehemaligen Bekannten der Familie entfernt, auf dem Bahnhof in Basel und sie sagte aus, dass er in ein Fahrzeug gestiegen sei. Wohin er gereist war, konnte sie nicht sagen.
Im Jahr 2010 glaubten die Behörden, dass Bradford Bishop in der Schweiz, Italien oder einem angrenzenden Staat leben würde. Es kam sogar heraus, dass er vor der Tat 1976 mit einem Mörder im Staatsgefängnis in Marion in Illinois Kontakt hatte. Warum, das wurde nie geklärt. Ken A. Bankston, wie der Mann hieß, verstarb 1983 im Gefängnis an Krebs und er lüftete nie das Geheimnis des Briefverkehrs.
Quellen:
State Department, USA
FBI
Washington Post
New York Times
eigene Recherchen