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Sao Paulo, Brasilien
MIGUEL SCHINCARIOL AFP
Der brasilianische Präsident und Kandidat für die Wiederwahl Jair Bolsonaros (PL) gestikuliert während der Präsidentschaftsdebatte vor den Parlamentswahlen am 2. Oktober 2022 im Fernsehsender Bandeirantes in Sao Paulo, Brasilien, am 28. August 2022. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro trifft auf seinen größten Konkurrenten um die Präsidentschaft, den populären Linken Luiz Inacio Lula da Silva, nachdem tagelang unklar war, ob beide teilnehmen würden. Die Debatte ist die erste im Wahlkampfkalender. Die Organisatoren haben auch vier andere Kandidaten eingeladen, darunter den ehemaligen Finanzminister Ciro Gomes und die Senatorin Simone Tebet. (Foto von Miguel SCHINCARIOL / AFP)
São Paulo, Brasilien
In ihrer ersten Fernsehdebatte vor der Präsidentschaftswahl in Brasilien haben sich Amtsinhaber Jair Bolsonaro und sein aussichtsreicher Rivale Luiz Inácio Lula da Silva gegenseitig massive Vorwürfe gemacht. Der rechtsextreme Bolsonaro nannte Lula gleich in seinem Eröffnungsstatement einen „Dieb“ und warf dem linksgerichteten Ex-Präsidenten vor: „Seine Regierung war die korrupteste in Brasiliens Geschichte.“
Der Politiker der Arbeiterpartei (PT) wies die Anschuldigung des Amtsinhabers zurück und hob hervor, dass während seiner Regierungszeit in den Jahren 2003 bis 2010 viele Sozialreformen angestoßen worden seien. Bolsonaro sei nun aber dabei, das Land zu „zerstören“, sagte Lula.
Lula widmete sich im ersten Teil der Debatte lange dem Schutz der Umwelt – insbesondere des Amazonas-Regenwaldes, dessen Zerstörung nach Daten der brasilianischen Weltraumbehörde INPE im ersten Halbjahr einen Rekordwert erreicht hatte.
Lula hatte zwischen April 2018 und November 2019 nach einer Verurteilung wegen Korruptionsvorwürfen in Haft gesessen. 2021 erhielt er aber sämtliche politischen Rechte zurück, nachdem der Oberste Gerichtshof Brasiliens die Urteile gegen ihn wegen fehlender Zuständigkeit des Gerichts annulliert hatte. Lula betonte mehrfach, dass seine Unschuld bewiesen worden sei.
Beide Kandidaten bezichtigten sich der Lüge. Außer Bolsonaro und Lula beteiligten sich noch vier weitere der insgesamt zwölf Präsidentschaftskandidaten an der dreistündigen Debatte, darunter Ex-Finanzminister Ciro Gomes von der Mitte-links-Partei PDT und die Senatorin Simone Tebet von der Mitte-Partei MDB.
Amtsinhaber Bolsonaro sorgte in der Debatte für einen Eklat, als er auf eine Frage von Journalistin Vera Magalhaes mit massiven Vorwürfen gegen sie reagierte. Magalhaes hatte in ihrer Frage gesagt, Bolsonaro habe Falschinformationen über Impfungen gegen Covid-19 verbreitet.
Bolsonaro sagte darauf, an sie gerichtet, „Vera, du schläfst mit den Gedanken an mich ein, du hast eine Art Schwärmerei.“ Er warf ihr „falsche Anschuldigungen“ vor und sagte: „Du bist eine Schande für den brasilianischen Journalismus.“ Den späteren Vorwurf der Frauenfeindlichkeit durch eine andere Kandidatin wischte Bolsonaro beiseite.
Umfragen sehen den 76 Jahre alten Lula vor der ersten Wahlrunde am 2. Oktober derzeit klar vor Bolsonaro. Laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Datafolha kann der Ex-Präsident mit 47 Prozent der Stimmen rechnen, der 67-jährige Amtsinhaber hingegen nur mit 32 Prozent. Erringt keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen, findet am 30. Oktober eine Stichwahl statt.
se/mh
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